Während viele Firmen erst jetzt damit beschäftigt sind, eine funktionierende Feedback-Kultur zu etablieren, zeigen sich bereits neue Trends wie Feedforward. Aber auch instant-Feedback und 360°-Analysen erfreuen sich – auch gerade aufgrund von neuen Tools – einer Renaissance und immer grösserer Beliebtheit. Unabhängig davon müssen aber Grundregeln und Grundlagen eingehalten werden, wenn man Rückmeldungen auch wirklich zur Entwicklung von Mitarbeitenden nutzen will.

Sich weiterentwickeln, aus Fehlern lernen, von der Erfahrung von anderen profitieren. Gerade in schnelllebigen Zeiten ein entscheidender Faktor, um persönlich und geschäftlich fit für die Zukunft zu sein. Dazu gehört auch, sich immer und immer wieder den eigenen Spiegel vorzuhalten oder vorhalten zu lassen. Kaum eine andere Lernform ist direkter, gebräuchlicher und vor allem nützlicher als Feedback von Kollegen, Vorgesetzten und Mitarbeitenden.

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Foto von Tetiana SHYSHKINA

Feedback, Feedforward und konstruktive Kritik

Während Feedback das Verhalten in der Vergangenheit ins Zentrum stellt, steht beim Feedforward die gewünschte Entwicklung im Vordergrund.

  • Beispiel Feedback: «Deine Idee hat nicht überzeugt. Dein Antrag war zu chaotisch und unverständlich, das musst Du nächstes Mal besser machen
  • Beispiel Feedforward: «Damit Dein nächster Antrag angenommen wird, würde ich Dir empfehlen, einen klaren roten Faden mit einem Schlussfazit einzubauen. Gerne unterstütze ich Dich auch als Sparringspartner vor der nächsten Präsentation».

Dieser Ansatz ist sicherlich im Sinne der Entwicklungsorientierung zu befürworten. Dabei geht es aber nicht einfach darum, konstruktive Kritik anders anzubringen, sondern die positive Vision der Zukunft (dass der Antrag angenommen wird) hervorzuheben. Kommentare, welche sich auf die Vergangenheit beziehen, sind nicht erlaubt. Dadurch verhindert man auch Pauschalisierungen.

Ebenso löst man sich von der doch verbreiteten (Un-)Sitte, dass auf eine (konstruktive!) Kritik immer auch eine Lösung folgen muss. Einerseits wird dann oft die Machbarkeit der Lösung wegdiskutiert, und die eigentlich wertvollere Rückmeldung gerät dadurch sofort in den Hintergrund. Andererseits ist nicht immer gerade eine bessere, konstruktive Lösung zur Hand, wodurch gänzlich auf Rückmeldung verzichtet wird. Dadurch werden leider Innovations- und Entwicklungschancen vergeben.

Feedback als Instrument nutzen

Um Rückmeldungen als Instrument für die Personalentwicklung zu nutzen, kann man drei Arten von zeitlich und inhaltlich differenten Arten von Feedback unterscheiden.

 Instant Feedback/Feedforward
Das instant Feedback ist die gängigste und gebräuchlichste Art. Es erfolgt meist direkt, sofort und situationsbezogen. Die grössten Herausforderungen sind die richtige Wahl des Kommunikationskanals, die passende Wortwahl, die Wahrung von Diskretion. Gerade im unstrukturierten Austausch ist es zudem umso wichtiger, den Feedforward- Aspekt zu verinnerlichen, damit der Entwicklungs- und nicht der Beurteilungsfokus überwiegt.

 Strukturiertes Feedback/Feedforward
Das strukturierte Feedback findet meist im Rahmen von periodischen und geplanten Mitarbeitergesprächen, Entwicklungsgesprächen, Check-ins, Projektgesprächen oder Standortbestimmungsgesprächen statt. Als Instrument der mittelfristigen Personalentwicklung stehen nicht einzelne Situationen im Vordergrund, sondern die Erhaltung der zukünftigen Leistungsfähigkeit des Mitarbeitenden mit anstehenden Veränderungen, Anforderungen und Herausforderungen. Gerade bei den klassischen Mitarbeitergesprächen gilt es hier, den Weg vom Performance Review zum Performance Preview mit geeigneten Strukturen, Fragestellungen und optimierten Inhalten zu unterstützen.

• Ganzheitliches Feedback/Feedforward
Während das strukturierte Entwicklungsgespräch meist noch bilateral oder in kleinerem Rahmen stattfindet, beinhaltet das ganzheitliche Feedback auch weitere Anspruchsgruppen des Mitarbeitenden. Gerade bei grösseren Entwicklungsprogrammen, Laufbahn- und Nachfolgeprogrammen, im Talentmanagement oder bei der systematischen Funktionsentwicklung kann sich der doch recht grosse Aufwand mehr als lohnen. Sogenannte Multi-Rater- Analysen (in der Praxis oft als 360°-Analyse bezeichnet) ziehen mehrere unterschiedliche Gruppen in die Analyse ein, um so ein differentes Bild zu zeichnen. Klassische Gruppen sind: Vorgesetzte/Kollegen (Peers)/ Mitarbeitende/Kunden (intern oder extern)/ Business Partner (intern oder extern). Natürlich ist auch ein Selbstbild zu empfehlen. Der grösste Vorteil liegt in der objektiven Subjektivität, die durch die grössere Anzahl Rückmeldungen erreicht wird. Eine solche Analyse bildet oft die Grundlage für eine sehr zielgerichtete, transparente und nachhaltige Weiterentwicklung des Mitarbeitenden.

IN = OUT

Während beim instant Feedback/Feedforward die ein- und abgegrenzte Situation im Vordergrund steht, sind es bei den strukturierten und ganzheitlichen Rückmeldungen allgemeinere Verhaltens- und Handlungsaspekte. Dementsprechend kommt der Kommunikations- und Erhebungsgrundlage die absolut entscheidende Bedeutung zu. Nur was thematisiert wird, kann auch analysiert und systematisch entwickelt werden! Wenn bei der Ausgestaltung des Einschätzungsbogens wichtige, unternehmerische Aspekte vergessen gehen, als «gegeben» angenommen (Person X wäre keine Führungskraft, wenn dies nicht gegeben wäre) oder noch schlimmer bewusst nicht angesprochen werden, kann dies zu gefährlichen Verzerrungen führen. Es empfiehlt sich hier deshalb immer, Unterstützung beizuziehen, um eigene blinde Flecken bei der Erarbeitung von Erhebungen zu minimieren.

Weitere Erfolgsfaktoren

Neben der Aufbereitung einer zielgerichteten Einschätzung sind aber noch weitere Faktoren zu berücksichtigen.

  • Aspekte sollten handlungsorientiert formuliert sein. Nicht «Ist selbstkritisch und reflektiert», sondern «Arbeitet kontinuierlich an der Verbesserung seines Verhaltens». Nicht «Hat ein grosses Fachwissen», sondern «Bringt sein Wissen aktiv in das Team und zur Verbesserung von Prozessen ein».
  • Kompetenz- und Wertemodelle müssen firmenspezifisch ausgearbeitet sein. Wenn in der Erhebung von Firmen und Unternehmen die Rede ist, es sich aber um eine Organisation handelt, sinkt die Akzeptanz. Ebenso wenn von Bereichen die Rede ist, die Organisation aber von Abteilungen spricht.
  • Das Verhältnis von qualitativen und quantitativen Fragen macht es aus. Ohne quantitative Fragen ist eine Auswertung, Analyse und vor allem ein Vergleich kaum möglich. Ohne qualitative Fragen fehlen wichtige Zusatzinformationen.
  • Die Rahmenbedingungen beachten. Anzahl involvierte Personen, allfällige Gruppierungen und vor allem der Zeitplan müssen transparent sein. Ein besonderes Augenmerk gilt der Vertraulichkeit und der allfälligen Anonymität, die dem Projekt entsprechend angepasst werden müssen. Mitentscheidend ist zudem die gewählte Skalierung, bei der viele Stolpersteine liegen.
  • Ohne funktionierende Tools sind ganzheitliche Feedbacks in der Praxis kaum möglich. Besonderes Augenmerk sollten Sie auf die Auswertungsmöglichkeiten (auch zukünftig z.B. für periodische Vergleiche), Wiedererkennung (Logos und Begriffe) und Benutzerfreundlichkeit legen. Der wichtigste Punkt ist aber derjenige des Datenschutzes (wo liegen die Daten, wem gehören die Daten, wer ist Provider), welcher gerade mit dem DSGVO noch mehr an Bedeutung gewinnt.

Unabhängig davon, ob das Thema Feedback/ Feedforward gerade einen aktuellen Schwerpunkt in Ihrem Unternehmen darstellt, ist die Auseinandersetzung damit ein wichtiger Teil der Personalentwicklung. Strukturierte und ganzheitliche Feedback-Prozesse fördern und wertschätzen nicht nur Mitarbeitende, sondern klären auch unternehmerische Erwartungen und bilden so die Grundlage, um notwendige Anforderungen proaktiv anzugehen und die Unternehmensentwicklung aktiv zu gestalten.